Karnevalsgesellschaft

Aus der Geschichte des Kolping Karnevals in Beckum

Die karnevalistischen Aktivitäten der Kolpingsfamilie sind zeitgleich mit den Ursprüngen des Beckumer Karnevals zu sehen. Denn die Kolpingsfamilie, als damaliger Gesellenverein, war seit ihrer Gründung maßgeblich am gesellschaftlichen Leben der Stadt beteiligt und somit auch am Karneval.

Karneval, wie wir ihn kennen, mit Narrensitzungen und Umzügen entwickelte sich erst allmählich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert. So tauchte bereits 1851 ein \"Fastnachts-Comité\" auf und während um diese Zeit die ersten Faschingsbälle ausgerichtet wurden, trafen sich schon regelmäßig Gesellen in ihrem Stammlokal Northoff an der Nordstraße zu Gesprächen, Gesang und Unterhaltung, wozu später auch das Theaterspiel gehörte.

Nach Gründung des Gesellenvereins im Jahre 1853 veranstaltete dieser aus den verschiedensten Anlässen große Saalfeste. Brauchtum und Heimatpflege drückte sich in unzähligen Theateraufführungen aus. Somit kann davon ausgegangen werden, dass hierzu auch der Karneval gehörte. Leider sind aus dieser Zeit so gut wie keine schriftlichen Unterlagen der Kolpingsfamilie erhalten.

So waren in den Karnevals-Comités des vorigen Jahrhunderts, \"Eintracht\", \"Fumfan\" und \"Einerlei\", sicher auch Kolpingsöhne aktiv, insbesondere - aufgrund ihrer handwerklichen Fähigkeiten - bei der Gestaltung der Karnevalswagen. Der erste von einer Gesellschaft in Beckum organisierte Rosenmontagszug ist 1862 bezeugt und 1894 wird in der erstmals erscheinenden Beckumer Rosenmontagszeitung der Zug unter dem Motto Karneval der Märchenwelt angekündigt. Ein Jahr später lief hier \"der größte Rosenmontagszug Westfalens\" mit neunzehn Gruppen und neun Wagen. Doch schon früher gab es Umzüge und Fastnachtsfeste. So ist als einer der Ursprünge des Rosenmontagszuges sicherlich der so genannte Heischegang der Bauknechte anzusehen, deren Bruderschaft schon 1467 dokumentiert ist. Aber auch bei Handwerksburschen anderer Berufsgruppen sind diese Heischegänge nachgewiesen, wobei in der Regel um Mettwürste, Eier und Schnaps geheischt wurde.

Am 12. Februar 1928 taucht erstmals der Karneval in den Protokollen des Gesellenvereins auf. Da schreibt Stephan Vöge im Bericht zur Monatsversammlung: Nachdem das Geschäftliche erledigt war, ging man zum gemütlichen Teil über, der mit einer Karnevalsfeier verbunden war. Ein kleines Theaterstück wurde aufgeführt und mit Gesang und komischen Vorträgen vergingen einige vergnügliche Stunden.

Ab 1930 erscheint im gleichen Protokollbuch die lapidare Feststellung Karneval im Verein. Ein Jahr später heißt es in einem Zusatz mit Toni Martin als Humorist und ab 1933 wird als erster Prinz der Kolpingbruder Clemens Remmert genannt. Außerdem heißt es da: \"Fastnacht wuräe im Verein an zwei Abenden gefeiert, am Sonntag bis 2.00 Uhr und am Dienstag bis 12.00 Uhr. Am Dienstagabend wurde dann der Prinz zu Grabe getragen, woran sich alle mit Kerzen in den Händen beteiligten. Mit einer humorvollen Grabesrede des Seniors Peter Steinhoff endete die Veranstaltung\" Wiederum ein Jahr später wurde der erste Elferrat, jedoch kein Prinz genannt. Hermann Hölkemann fungierte als Präsident.

1934 kreierte ein Kolpinger die Figur des Katers Rumskedi. \"Jensken\" Duhme, später Wirt im Kolpinghaus führte, als Kater verkleidet, den Rosenmontagszug an. So entstand aus dem alten Beckumer Karnevalsruf \"Rumskedi, dao schitt de Katt' in't Häcksel\", der Kater Rumskedi. Schon ein Jahr später, im Jahr 1935 entstand de Wagen mit dem Rumskedikater, wie man ihn heute kennt. Die neugegründete Karnevals-Gesellschaft \"Uns geht die Sonne nicht unter\", fast ausschließlich Kolpinger, hatte ihn gebaut. Genaugenommen ist also der Kater Rumskedi ein Produkt der Kolpingsfamilie.

1935 wird zum ersten Mal ein Wagen des Gesellenvereins erwähnt, ob damit der oben genannte Katerwagen gemeint war, ist nicht bekannt. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass Kolping sich schon früher mit eigenen Wagen an den Rosenmontagszügen beteiligte.

1939 fand der letzte Umzug vor dem Krieg statt, Stadtprinz war seinerzeit Benno Teupe während Willi Körte als Kolpingprinz füngierte.

Nach dem Kriege war es dann die Kolpingsfamilie, die 1946 mit einem Fastnachts ball den Karneval wieder zum Leben erweckte. Es war eine geschlossene Veranstaltung, die nur den Vereinsmitgliedern vorbehalten war. In der Einladung zu diesem Fest hieß es damals: \"Es haben nur Damen in einwandfreier Kleidung (keine Herren- bekleidung) Zutritt.\" Entgegen der landläufigen Meinung, man müsse erst auf die Entlassung aller Kriegsgefangenen warten, waren es gerade die Heimkehrer, die darauf drängten das Leben in vollen Zügen zu genießen. Ihrer Meinung nach hatten sie lange genug gedarbt und \"weiterer Verzicht nütze den Kriegsgefangenen auch nicht\".

Im Jahre 1947 startete der Gesellenverein die Session mit Theo Stuckmann als erstem Nachkriegsprinzen. Eigeninitiative und Spontanität von Mitgliedern der Kolpingsfamilie halfen 1949 auch dem Rosenmontagszug wieder auf die Beine, als sie mit drei Wagen und Fußgruppen den ersten Nachkriegszug aufstellten. Der Malermeister Christoph (Pinsel) Steinhoff führte den Zug als Kolpingprinz in einem Landauer an während der Elferrat auf einem Flachwagen folgte. Die \"Nudelberger Hofkapelle\", eine Musikgruppe, aus dem gerade gespielten Theaterstück \"Das Fischermädel von Helgoland\", sorgte für die richtige Musik. Eine Schwarzbrennerei mit qualmendem Ofen wurde ebenso dargestellt wie eine Wurstküche. Es sollte wohl daran erinnert werden, dass man auch in schlechten Zeiten nicht auf den Selbstgebrannten Kluck und die Hausmacherwurst verzichtete.

Auch Ludwig Holtmannn, der später wieder zum Vorsitzenden der Dachgesellschaft gewählt wurde, nahm spontan in der Kutsche des Kolpingprinzen Platz. Eine Gruppe des Reitervereins mit Theo Kalthoff an der Spitze hatte es übernommen, die Standarte der Dachgesellschaft mitzuführen. Die Stadtkapelle, Musik- und Fußgruppen vervollständigten den Zug und wurden nach kurzer Zeit von einer großen Menschenmenge begleitet. Als dann statt Bonbons Rübenschnitzel unter das närrische Volk geworfen wurde, kannte die Begeisterung der Massen keine Grenzen mehr.

Als der Zug auf der Weststraße an der Schneiderwerkstatt von Willi Duhme vorbeikam, sprang dieser aus dem Fenster und machte mit, wie auch die Mitarbeiter der Firma Bollmann in der Kalkstraße spontan die Arbeit niederlegten und sich dem Zug anschlossen.

Die Glocke schrieb damals: \"Mit soviel Leben und Treiben am Rosenmontag hatte kein Mensch gerechnet, die ganze Stadt war auf den Beinen\". Das war der Geist des Beckumer Karnevals, der auch in schlechten Zeiten Lebensfreude vermittelte. In diesem Jahr erwachte die Dachgesellschaft \"Na da wären wir ja wieder\" zu neuem Leben und Ludwig Holtmannn übernahm wieder das Präsidium.

Im ersten offiziellen Rosenmontagszug der Dachgesellschaft wurde 1950 mit Bernhard Schulte ein gestandener Kolpinger als Stadtprinz gekürt. Damals entstand eine Kolpingkapelle, die zu den gesellschaftlichen Ereignissen des Vereins aufspielte, und seit dieser Zeit sorgt eine eigene Wagenbauabteilung in der Kolpingsfamilie mit viel Engagement für repräsentative Wagen im Rosenmontagszug sowie im Zug des Kinderkarnevals der Gesellschaft \"Ei kike da, Westfalia\". Zum Jubiläum \"50 Jahre Kolping-Wagenbau nach dem Krieg\" hat die KG-Kolping ihren Rosenmontagszug von 1949 mit Wagen und Fußgruppe nachgestellt und etwas von der Stimmung der schweren Nachkriegsjahre zu übermitteln versucht.

Der Kolpingkarneval war so beliebt, dass bis Mitte der achtziger Jahre zwei Prunksitzungen erforderlich waren, um auch nur annähernd den Kartenwünschen gerecht zu werden. Eine weitere, mittlerweile übermäßig stark besuchte Veranstaltung ist die traditionelle Prinzenbeerdigung am Klingeldienstag, die bereits 1930 erwähnt wird. Hierzu finden sich im Laufe des Abends viele junge Leute und Karnevalisten aller Gesellschaften ein, die den Kehraus des Kolpingkarnevals erleben wollen.

Auch an einem anderen Phänomen des Beckumer Karnevals beteiligt sich die KG-Kolping mit einer eigens bestellten Musikkapelle \"Sempertalis\", wenn am Klingeldienstag die Vereine und Gesellschaften mit klingendem Spiel durch die Stadt ziehen, um abschließend den Straßenkarneval zu begraben.

Unter der Leitung von Tanja Berkemeier entstand in jüngster Zeit eine Tanzgruppe, die nicht nur in der KG-Kolping auftritt, im Übrigen werden in den verschiedenen Gruppierungen der Kolpingsfamilie noch zusätzlich eigene Karnevalsfeste veranstaltet. So feiert der erste Familienkreis beispielsweise seit über dreißig Jahren einen zünftigen Kostümball mit Büttenreden und Darbietungen aus eigenen Reihen.